Van Look Preisträgerin 2023: Vika Prokopaviciute
1983 geboren in Vilnius, Litauen, lebt und arbeitet in Wien
2012 – 2019 Universität für angewandte Kunst Wien
2011 Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg
2000 – 2006 Staatliche Universität für Architektur und Bauwesen, Samara, Russland
Die Begründung der Jury:
Der Van Look Preis 2023 geht an Vika Prokopaviciute. Die Künstlerin, die 1983 in Vilnius/Litauen geboren wurde, ist in Russland aufgewachsen und hat dort Architektur studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre als Grafikerin in Moskau, bevor sie an der Universität für angewandte Kunst Wien Malerei studierte (2012-2019). Sie lebt und arbeitet in Wien.
Vika Prokopaviciute erhält den Van Look Preis, weil in ihrem Werk das Thema Raum von Bedeutung ist, und weil sie wie eine forschende Künstlerin arbeitet – beides Kriterien für die Preisvergabe, die sich aus dem Kunstschaffen des Freiburger Künstlers Hans-Günther van Look (1939-2007) herleiten. Hauptanliegen seines Schaffens waren die Auseinandersetzung mit Licht und Raum, die präzise Arbeitsweise des „artiste-chercheur“ und die Übernahme gesellschaftspolitischer Verantwortung für unseren Lebensraum.
Vika Prokopaviciute hat in nur wenigen Jahren ein Konvolut von Bildern geschaffen, das nach Auffassung der Jury schon jetzt eine stringente malerische Position der Gegenwart mit viel Entwicklungspotenzial darstellt. Die Künstlerin denkt in räumlichen Bezügen, insbesondere dann, wenn sie Bilder für einen bestimmten Ausstellungsraum malt und auf die dortigen Gegebenheiten reagiert. So kann die Grundstruktur eines Heizkörpers oder einer halb geöffneten Glastür Anlass sein, zum abstrakten Motiv zu werden, das sich von Bild zu Bild verändert, bis es verschwindet. Jedes Werk ist auf das vorherige begründet und mit diesem nicht nur formal, sondern auch durch bestimmte Fragestellungen der Künstlerin verbunden. Dabei geht Prokopaviciute streng methodisch nach Regeln vor, die sie selbst definiert hat:
„Ich betrachte Malerei als eine Art Wissenschaft. Man bemerkt etwas, will es verstehen, also versucht man, es zu strukturieren oder Verwendungsregeln aufzustellen. Dann beobachtet man es und stellt fest, dass sich alles verändert, also muss man diese Struktur und die Regeln anpassen – immer und immer wieder.“ (übertragen ins Deutsche, Vika Prokopaviciute im Videointerview „Phoenix in folds“, The Good Neighbour, 2022)
Die Jury ist davon überzeugt, dass Vika Prokopaviciute zu aktuellen Fragestellungen unseres Anthropozäns ihren eigenständigen Beitrag leistet: Was bedeutet es, aus einer posthumanen Denkhaltung heraus zu malen und einen Perspektivwechsel zu vollziehen, in dem der Mensch seinen Anspruch auf Überlegenheit gegenüber anderen Arten und Intelligenzen aufgibt? Diesen Fragen versucht die Künstlerin beim Malen und schonungslosen Reflektieren über den eigenen Malprozess auf den Grund zu gehen. So kann sich der Betrachter/die Betrachterin in ihren Bildern auch nicht mehr verorten. Stattdessen vibrieren und flimmern Strukturen, die sich auflösen oder wie bei einem Bildschirmschoner zu einer Endlosschleife verknüpfen. Räumliches rotiert schwerelos, scheinbar irgendeinem Algorithmus folgend. Gäbe es nicht immer wieder Unerwartetes wie einzelne Pinselstriche oder Partien unbemalter Leinwand zu sehen, würde man denken, dass die Bilder von Künstlicher Intelligenz gemalt sind.
Jury: Dr. Julia Galandi-Pascual, Direktorin Sammlung Pohl Marburg – Paula Kommoss, Künstlerische Leiterin Biennale für Freiburg – Prof. Susanne Kühn, Künstlerin und Professorin an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg – Dr. Larissa van Look, Vorstand Van Look Stiftung e.V. – Felicia Maier, Leiterin Kulturamt Freiburg und Vorsitzende der Jury – Sophie Tappeiner, Galeristin Wien